#OutInChurch – Die Kirche und LGBTQ+ (Ein Kommentar)

Für alle, bei denen dieser Titel Fragen aufgeworfen hat: queer ist ein Begriff, der alle Personen, Handlungen und Dinge umfasst, die sich in ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität von der sogenannten gesellschaftlichen Norm unterscheiden. Als queer bezeichnet man also beispielsweise eine lesbische Frau oder eine transsexuelle Person. Es fallen jedoch zahlreiche andere Orientierungen in den Begriff queer.

In vielen Situationen haben es queere Personen in unserer Gesellschaft leider auch heutzutage noch nicht einfach. Täglich erfahren diese teilweise Diskriminierung und werden in manchen Kulturen und Weltanschauungen nicht respektiert und somit ausgegrenzt. Oft müssen queere Menschen ihre Identität und ihr Wahres-ich vor der Öffentlichkeit verstecken, da sie eine begründete Angst haben, auf nichts als Hass zu stoßen. Oftmals ist dieser Hass mit festgefahrenen, traditionellen Ansichten verbunden, die meinen, dass es nichts außer Heterosexualität gibt und dass der Tag unserer Geburt eindeutig unser Geschlecht bestimmt. Es sind immer wieder dieselben Erklärungen, die uns für diese Sichtweisen geliefert werden. „Ein Kind braucht Vater und Mutter“ ist hierbei ein typisches Beispiel, welches immer wieder benutzt wird in einem Versuch, die eigene Engstirnigkeit zu rechtfertigen. Aber natürlich müssen es immer Mutter und Vater sein, denn Adoption liegt bekanntlich nicht im geistlichen Horizont homophober Personen.

Auch in dem normierten Geschlechterbild der Kirche scheinen queere Menschen keinen Platz zu haben. Dabei hat sich das Verständnis von Sexualität in der Geschichte deutlich verändert und es gibt vor allem seit den letzten Jahren immer mehr Bewegungen für mehr Offenheit und Akzeptanz gegenüber LGBTQ+ Mitgliedern. Unsere Gesellschaft ist (leider nur zu teilweise) auf einem Weg, der zu mehr Rechten für queere Personen führen soll. Unter anderem gibt es jedoch viele streng gläubige Religionsgemeinschaften, die sich dieser Bewegung nicht gerade mit liebevoller Akzeptanz anschließen. Ganz im Gegenteil: Eher erschweren sie vielen Menschen ihr Outing oder ihren Alltag. Wichtig hierbei ist, dass man die Kirche nicht generalisiert, denn es gibt auch unzählige Mitglieder dieser, die sehr offen gegenüber LGBTQ+ Personen sind. Und einige queere Menschen sind auch selbst ein Teil der katholischen Kirchengemeinschaft oder sind dort beruflich tätig. Generell entspricht queer sein jedoch nicht der offiziellen Kirchenlehre, weshalb diese Menschen es nicht einfach haben.

Nicht heterosexuelle Pfarrer*innen, transsexuelle Religionslehrer*innen und viele weitere Menschen haben nun einen mutigen Schritt gewagt und entschieden, sich nicht weiterhin verstecken zu wollen. „Wie Gott uns schuf“ ist der Titel einer kürzlich erschienenen ARD-Dokumentation, in der sich über 100 Gläubige outen. Sie erzählen von ihren Erfahrungen und ihren sowohl innerlichen als auch äußerlichen Konflikten als queeren Personen in der katholischen Kirche. Unter der Initiative #OutInChurch verläuft eine Bewegung ganz nach dem Motto: „für eine Kirche ohne Angst“.

Einige Religionskurse der Jahrgangsstufe haben diese Doku im Unterricht geschaut und viele andere haben sie vielleicht privat geschaut oder zumindest davon gehört, denn sie hat in den Medien zurecht für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Die Schicksale der in dem Film gezeigten Personen sind zweifellos tragisch und schockierend und wer nah am Wasser gebaut ist, sollte sich ein paar Taschentücher zurechtlegen. Es muss schlimm sein, zwischen der Liebe und dem Glauben zu stehen, und es muss schrecklich wehtun, seine Partnerschaft nur im Geheimen zu leben aus Angst, dass man seinen Beruf verliert. Dies ist eine Gefahr, da die Kirche einen Lebensstil mit beispielsweise einer homosexuellen Partnerschaft als Loyalitätsverstoß ansieht, der der kirchlichen Sittenlehre widerspricht. Es berichten viele der Personen, dass sie in einer innerlichen Zerrissenheit sehr mit sich selbst und ihren Werten zu tun hatten und sich unter Vorwürfen anderer infrage gestellt haben. Aussagen wie „Dieses Versteckspiel macht einsam“ sind sehr berührend und man merkt, wie viel Mut es kosten muss, sich nach vielen Jahren der Angst öffentlich zu outen und trotz vieler Risiken zu sich selbst zu stehen.

Manche Personen erzählen von ihrem Outing und den Folgen, die meistens negativ waren. Einige von ihnen verloren ihren Arbeitsplatz, so auch eine Frau, die zwei Wochen vor ihrem Entbindungstermin von der Kirche vor die Wahl zwischen ihrem Beruf und ihrer Frau gestellt wurde. Zudem hatten einige mit Hatespeech sowohl im Internet als auch im Alltag zu kämpfen. Sie müssen sich Tag für Tag Kommentare anhören wie „das ist eine Sünde“ und „Sexualität ist kein Menschenrecht“. Entwertung und Verabscheuung kommt diesen Personen entgegen, die niemandem etwas angetan haben und nur so leben wollen wie alle anderen.

Es gibt auch einige positive Beispiele, in denen die Sexualität der queeren katholischen Menschen keinen Grund darstellte, dass diese ihren Beruf verlieren und so wurden diese mit offenen Armen weiterhin so akzeptiert, wie sie sind. Trotzdem überwiegen ganz klar die Fälle, in denen die queeren Mitglieder durch ein freiwilliges oder unfreiwilliges Outing plötzlich ausgeschlossen und beleidigt wurden. Dabei sind diese Menschen immer schon sie selbst und der Zeitpunkt, in welchem sie das offen zeigen, sinken ihr Wert und ihre Rechte in den Augen vieler Mitglieder der Kirchengemeinde.

Ein großer Teil der Kirche steht nun also in einem Konflikt mit vielen Menschen, und wenn wir ganz ehrlich sind, wird sich dieser nicht von heute auf morgen in Luft auflösen, weil plötzlich ein Stückchen Toleranz zum Mitnehmen für jeden vom Himmel herabfällt. Jedoch schafft jeder kleine Schritt Hoffnung und diese Schritte sind notwendig für ein friedliches Miteinander.  

Dabei sind sie wie wir alle, ganz gleich, welche Identität oder Sexualität sie haben und die Kirche sollte mit diesen Veränderungen wachsen und in manchen Aspekten mit der Gesellschaft zusammen moderner werden. Denn es gibt genug Aussagen in der Bibel, die gegen die Ausgrenzung und Diskriminierung anderer sprechen und auf diese sollte man sich beruhen, bevor weitere Personen wie die in der Dokumentation verletzt werden. Das Gebot der Nächstenliebe zeigt den Glauben an Gott, der jeden Menschen bedingungslos liebt und ihm dadurch eine unantastbare Würde verleiht. Wenn vor Gott also alle gleich sind, wieso sollte in unserer Gesellschaft ein Unterschied bestehen? Besonders gläubige Menschen legen eigentlich viel Wert auf diese Bibelworte und einige dieser neigen momentan dazu, das Gegenteil zu tun: andere abwerten. Bedingungslos und ohne Ausnahmen sollten wir jeden Menschen respektieren und mit offenen Armen aufnehmen. Und niemals sollten wir über andere urteilen, sondern versuchen sie zu verstehen, und vermutlich würde uns allen in manchen Situationen etwas mehr Offenheit nicht schaden.

Und passend dazu nun zum Schluss den Leitspruch aus der Dokumentation:

„Wir sind hier und zwar so wie Gott uns schuf!“

Nämlich gleichwertig, aber vielfältig, aber vor allem tolerant.

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