Lehren aus der Vergangenheit. Was können wir aus der Geschichte lernen?

Käthe Loewenthal, Ihre Biografie im Kontext jüdischen Lebens in Deutschland. Unter diesem Titel fand am 9. November 2021 eine Veranstaltung für alle Schülerinnen und Schüler der 9. bis 11. Klassen statt. Professor Dr. Wolf Ritscher, ein Großneffe von Käthe Loewenthal, der Enkel ihrer jüngeren Schwester, erzählte uns spannend aus dem Leben von Käthe Loewenthal – nach der ja auch eine Straße in der Nähe der Schule benannt ist. Er begann seinen Vortrag mit einem Abriss über die jüdische Geschichte in Deutschland, beginnend im Jahr 321, also vor 1700 Jahren. Unter anderem berichtete er von der bewegten Geschichte des jüdischen Volkes im Mittelalter und zu Pestzeiten und wie das jüdische Volk immer wieder als Sündenbock für alle möglichen Dinge herhalten musste. Auch Martin Luther und sein Werk „Von den Juden und ihren Lügen“ wurde erwähnt, in dem Luther sich den Juden gegenüber sehr feindlich zeigt und ihre Vernichtung fordert. Dieses Werk sollte fast vierhundert Jahre später den Nationalsozialisten als eine Rechtfertigung dienen, die Juden zu verfolgen.  

Die Malerin Käthe Loewenthal war die älteste von 5 Töchtern des Augenarzts und Universitätsprofessors Wilhelm Loewenthal. Sie wurde in Berlin im Jahre 1878 geboren. Später lebte die Familie in Genf, Lausanne, Paris und Argentinien. In Bern ließ sie sich evangelisch Taufen und konfirmieren. Später kehrte sie nach Berlin zurück und machte dort ihren Schulabschluss. Ihr Ziel war es, Malerin zu werden. Nach ihrer Ausbildung bei verschiedenen Malern eröffnete sie 1905 ihr eigenes Atelier in München. 1914 kam sie nach Stuttgart und hatte dort ein Atelier in der Ameisenbergstraße 32. 1934 wurde sie aufgrund ihrer jüdischen Abstammung aus allen Malvereinigungen ausgeschlossen und durfte keinen Farben und Leinwände mehr kaufen. Das bedeutete praktisch ein Berufsverbot. 1942 wurde sie deportiert und in Izbica ermordet.  

Ihr Großneffe Prof. Dr. Ritscher hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Erinnerung an Käthe Loewenthal wach zu halten. Wir haben ihn gefragt, warum es wichtig ist, sich mit diesem Thema heute noch zu beschäftigen. Er ist der Meinung, dass es wichtig ist, sich mit der eigenen Familiengeschichte zu beschäftigen, um mehr über sich selbst zu erfahren. Auch betonte er, dass es wichtig ist, aus der Geschichte Fragen für die Gegenwart und Zukunft abzuleiten, damit es nie wieder zu solch einer  Diktatur kommt. Als Beispiel nannte er unser Grundgesetz, indem viele Dinge bewusst anders als in der Weimarer Republik geregelt wurden, um instabile Verhältnisse und damit eine Wiederholung des Dritten Reichs zu verhindern. Auch das Verhalten unserer Regierung in der Wirtschaftskrise 2008/2009, Notlagen zu verhindern, wurde im Vergleich zum Verhalten der Regierung 1929 lobend erwähnt. „Wo Not ist, “ so sagte er, „ist eine rechte Diktatur nicht fern“. Für ihn ist es auch wichtig, dass Leute den Mut haben, ihre eigene Meinung zu vertreten und dass es wichtig ist, die Menschlichkeit zu bewahren und Zivilcourage zu zeigen. Auch sollte man seiner Meinung nach Menschen ehren, die unter Einsatz ihres eigenen Lebens diese bewiesen haben, wobei er Sophie Scholl, die als eine der Namensgeberinnen unserer Schule besonders wichtig ist, besonders erwähnte. 

Im Rahmen dieser Veranstaltung ergab sich auch die Möglichkeit, mit Herrn Kühnle, einem Historiker zu sprechen. Er betreute das Projekt „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ des Religionskurses bei Frau Dr. Jooß zusammen mit der evangelischen Kirchengemeinde Riedenberg. In diesem Projekt ging es um die drei verfolgten Künstler mit jüdischer Herkunft aus Stuttgart: Fred Uhlman, Klara Neuburger und Käthe Loewenthal. Entgegen seiner früheren Aussage, die Schüler müssten sich als nächste Generation um das Aufrechterhalten der Erinnerung an das Unrecht des Dritten Reichs kümmern, lobte er nun das Engagement der Schüler mit den Worten „Die Schüler wollen das machen und die Schüler können das machen! Die nächste Generation!“ 

Das passt genau zu unserem Schul-Motto: „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“.  

Was ist eure Meinung, was sind eure Erfahrungen? Schreibt es in die Kommentare.  

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